
Lass und deine Wut anschauen
Du kennst sie!
Du kannst sie fühlen!
Und du weißt genau, wovon ich spreche: deine Wut!
Was ist den Wut?
Hast du dich das einmal gefragt?
Das sagt Wikipedia:
Die Wut ist eine sehr heftige Emotion und häufig eine impulsive und aggressive Reaktion, die durch eine als unangenehm empfundene Situation oder Bemerkung, z. B. eine Kränkung, ausgelöst worden ist. Die resultierende Affekthandlung wird als Raserei oder Wüten bezeichnet.
O.k.
Betrachten wir Wut biologisch, ist sie eine ganz sinnvolle Reaktion. Sie gehört zu unserer wunderbaren Klaviatur unserer Emotionen. Und sie bewirkt enorme körperliche Prozesse.
Denn deine Wut setzt eine ganze Kaskade an physiologischer Reaktionen in Gang:
Stresshormone wie Kortisol, Noradrenalin und Adrenalin zirkulieren verstärkt durch deinen Organismus, lassen unter anderem den Blutzuckerspiegel und den Blutdruck steigen.
Herz, Lunge, Gehirn und Muskeln werden mit zusätzlichem Blut aus dem Gewebe versorgt. Dein Puls schnellt in die Höhe, plötzlich bist du hellwach, voller Energie. Bereit, um auf ein Ärgernis, Stress oder Gefahren zu reagieren – letztlich um zu kämpfen oder zu fliehen.
Doch so sehr die Wut dich in eine aggressivere Grundstimmung versetzen mag, ist sie evolutionär eigentlich sogar dafür da, Gewalt und Kampf zu vermeiden.
Anthropologen erkennen darin einen verblüffenden Mechanismus der Evolution, der einst dafür sorgte, dass die Gewalt unter unseren Vorfahren eben nicht ständig eskalierte.
Denn die sichtbaren Zeichen des Zorns, so nehmen die Forscher an, konnten ein Gegenüber derart einschüchtern, dass es erst gar nicht zu einer kräftezehrenden Auseinandersetzung kam.
Indem Wutanfälle den Menschen auf einen Angriff vorbereiten, können sie den Gewaltausbruch also zugleich überflüssig machen – einen Konflikt besänftigen.
Aus Sicht der Wissenschaftler hat der Zorn damit eine wichtige Doppelfunktion, die dazu beitrug, dass unsere Ahnen friedlich in komplexen Gemeinschaften zusammenleben konnten.
Was die Wut nährt, hat sich in Jahrzehntausenden wohl kaum geändert. Damals wie heute, sagen Experten, speist sie sich vor allem aus Kränkungen und ungerechter Behandlung.
Erstaunlicherweise sind es im westlichen Kulturkreis, im Gegensatz etwa zu Japan, nur selten Fremde, die uns in Rage versetzen – aber es gibt Ausnahmen, die in unserer aktuellen Gesellschaftssituation deutlich werden – Weitaus häufiger, das zeigen Erhebungen, machen uns diejenigen wütend, die uns nahestehen oder die wir zumindest mögen.
Sie verursachen Studien zufolge mehr als die Hälfte aller Wutanfälle. Momente heftiger Emotionen, die wir etwa dann erleben, wenn wir mit Zurückweisung konfrontiert werden, mit Unehrlichkeit, gebrochenen Versprechen und Ungerechtigkeiten.
Auch fehlender Respekt vor der eigenen Person oder vor Eigentum treibt vielen Zorn ins Gesicht, ebenso demonstrative Gleichgültigkeit. Und natürlich reagieren viele wütend, wenn sie verbal oder tätlich attackiert werden.
Negative Emotionen, wie Wut, Hass, Ärger, Zorn oder Aggression, gibt es seit Beginn der menschlichen Existenz, sie gehören zu unserer menschlichen emotionalen Sprache.
Diese entstehen in einem evolutionär alten Bereich unseres Gehirns, dem limbischen System. Dieses besitzt, ungefähr auf Schläfenhöhe, eine Ansammlung von Nervenzellkörpern – die Amygdala.
Ein Name, der mich immer wieder fasziniert.
Was dir deine Wut zeigen will
Deine Wut zeigt Dir auch, was dich in deinen Grundfesten erschüttert, und darüber auch, was dir wirklich wichtig ist.
Sie ist eine starke Antriebskraft, wird zum Impulsgeber für Neuerungen. Sie ist auch ein Antreiber etwas zu bewegen.
Heute wird anerkannt, wie wertvoll Wut sein kann – etwa indem sie anderen klare Grenzen vermittelt, Warnsignale setzt, von innerer Spannung befreit, uns präzise Einsichten in unsere Schwachstellen vermittelt und zu Veränderung auffordert.
Und wie wichtig es ist, Wut Raum zu geben, ihr konstruktiv Ausdruck zu verleihen.
Denn unterdrückte Wut kann auch krank machen.
Wut gegen dich selbst
Nicht jeder gerät aber in Wallung, richtet seinen Zorn gegen den anderen. Sehr viele Menschen neigen dazu, Wut auf sich selber zu projizieren, mit teilweise schlimmen Folgen für die seelische Balance.
So könnte die Ursache vieler Depressionen in verinnerlichtem Zorn liegen, nehmen Forscher wie der US-Psychologe Raymond DiGiuseppe an, der sich seit Jahren mit den Auswirkungen von emotionalen Störungen beschäftigt.
Manche Patienten, so DiGiuseppe, würden schwermütig, weil sie glauben, keine Chance gegen ihre Peiniger zu haben. Oder sie verzweifelten, weil sie fürchten, dass der angestaute Ärger, der Frust immer weiter zunimmt.
Die Aggressionsenergie ist aber nun einmal da und will gesehen werden; und wer keinen guten Ausdruck für die Wut findet, der ist in Gefahr, selbstzerstörerische Verhaltensweisen zu entwickeln.
Auch psychosomatische Erkrankungen werden unter Umständen begünstigt. So zählen beispielsweise Veränderungen der Haut, Bluthochdruck, nächtliches Zähneknirschen sowie Probleme mit dem Verdauungssystem zu den Symptomen.
Wie hast du Wut gelernt?
Wir alle haben unseren Umgang mit unseren Emotionen – auch unserer Wut – von unserem Elternhaus gelernt.
Wie ist in deiner Kindheit mit Wut umgegangen worden?
Durftest du deine Wut ausleben?
Wurdest du unterstützt, dich auszudrücken und gute Strategien zu entwickeln, deinen Wut zu fühlen und mit ihr umzugehen?
Wie intensiv du Wut zulässt und zeigst oder wie maßvoll du mit ihr umgehst, ist in deiner Kindheit begründet.
Denn wenn wir erleben, dass Vater und Mutter Konflikte offen austragen, Gefühle nicht verbergen, auch mal weinen oder die Stimme heben, fällt es uns später leichter, die eigenen Regungen zu akzeptieren und zu regulieren.
Als Kleinkinder wird uns meist noch zugestanden, unseren Zorn laut herauszubrüllen.
Spätestens zur Einschulung aber wünschen sich unsere Eltern meist angepasste und folgsame Sprösslinge.
Eben leise und liebe Kinder.
Wut bekommt das Etikett SCHLECHT. Wenn wir wütend sind, dann sind wir schlechte Menschen. Denn gute Menschen sind nicht wütend.
Deine Wut hilft dir aber auch deine Grenzen zu ziehen.
Dafür musst du aber deine Wut erst einmal anerkennen und anschauen.
Wie lernst du „wütisch“?
Wir dir das gelingt?
Du musst deinen eigenen Weg finden, denn jeder geht ganz anders mit seiner Emotion Wut um. Was dir helfen kann, sind folgende Fragen:
Wie reagiere ich auf Kritik?
Gehe ich sofort in die Luft oder kann ich mit meiner Wut umgehen?
Oder drücke ich die Wut sofort runter. Denn was nicht sein darf, kann nicht sein!
Bist du ein Wutunterdrücker
Bist du ein „Wut-Unterdrücker“, der sich „zum Wohle“ der anderen ständig leise verhält, solltest du deine Wut erst einmal anerkennen – und dir deutlich machen, was genau dich stört, denn dann kommst du deinen Bedürfnissen auf die Spur. Denn denke daran, dass deine Wut dir zeigt, was dir wichtig ist! Und dann lerne, mit Deutlichkeit klarzumachen, was dich stört.
Wenn du deine Wut unterdrückst, weil du glaubst, alle anderen müssten doch sehen, was sie dir antun: Dann muss ich dich enttäuschen. Die eingeschlossene und nicht gelebte und anerkannte Wut schadet nur dir. Niemand anderes leidet darunter. Die eingeschlossene Emotion wird dich belasten und staut sich an. Und schau dir noch einmal weiter oben an, was Wut auch körperlich auslöst. Wenn du also zu lange an deiner Wut festhältst, dann schadest du nur dir selbst. Wut ist nur ein Fingerzeig, ein Wegweiser, ein „Aufmerksammacher“. Sobald die Aufgabe erledigt ist, verzieht sie sich wieder. Es sei denn, die lebst sie nicht aus oder ziehst deine Schlüsse, dann wird sie unterdrückt.
Oder ein Hitzkopf?
Solltest du aber eher ein Hitzkopf sein, der zu Ausrastern und unverhältnismäßigen Reaktionen neigt, kannst du Techniken lernen, die dir dabei helfen, sachlicher und selbstbeherrschter zu agieren. Das kann sein, dass du mit dir selbst vereinbarst, dir zunächst klar zu werden, was genau dich so wütend macht, dich sortierst und dann erst reagierst.
Doch eines sollte dir ganz klar sein und da ist sich auch die Wissenschaft einig:
Du solltest deine Wut nicht geringschätzen – auch wenn sie dir unangenehm ist!
Richtig kultiviert, maßvoll zugelassen, hilft sie uns, Grenzen zu ziehen, eindeutig Ja oder Nein zu sagen und deine wahren Bedürfnisse anzuerkennen. Schließlich wird in ihrer geballten Kraft deutlich, was uns tatsächlich bewegt.
Könntest du anerkennen, dass deine Wut zu deiner ganz eigenen Sprache gehört?
Das dein Körper über Emotionen zu dir spricht?
Wenn du deinen Emotionen nicht ein Etikett anhängst negativ oder positiv, gut oder böse, sondern deine Emotionen einfach als das nimmst, was sie sind: Botschaften an dich! Wie würdest du mit deinen Emotionen umgehen?
Ich wünsche dir viel Freude beim Ergründen der ganz individuellen und auch heilsamen Botschaften deines Körpers an dich. Es ist seine Sprache. Du musst sie verstehen und übersetzen lernen.
Es sind nur Botschaften, die verstanden werden wollen. Nicht Gutes oder Schlechtes.
Fazit
Ich wünsche dir in diesen Zeiten, dass du deine Wut annimmst. Verstehst, was sie dir sagen will.
Darüber erkennst, was dir wichtig ist und somit auch deine Grenzen ziehst.
Es geht nicht ums Gewinnen oder Verlieren, sondern dass du auf dich vertrauen kannst, für dich einzustehen. Mehr will deine Wut nicht von dir.
deine Bettina Eva Hillemacher